Stockfinster und feuchtkalt ist es in Blaubarts Burg, als der Herzog seine neue Frau Judith nach Hause führt. Aber Judith scheint von einem überwältigenden Willen getrieben, alles Vertraute hinter sich zu lassen. Mit ihrer Liebe will sie die düsteren Hallen erhellen, will die Türen aufreißen, hinter denen sich Blaubarts prachtvollste und blutrünstigste Geheimnisse verbergen. „Kühl und süß ist’s, wenn die offnen Wunden bluten“, seufzt Blaubart wehmütig und sieht zu, wie die Frau seiner Zukunft in seine tödliche Vergangenheit abgleitet. Krieg, Folter, Schätze, Ländereien – mit jeder geöffneten Tür schiebt sich die unheilvolle Burg – dritte Protagonistin der Oper – ein Stück weiter zwischen die Liebenden.
Mit seinem Kunstmärchen Der Blaubart eröffnete der französische Schriftsteller Charles Perrault 1697 dem alten Sagenstoff des blutrünstigen Frauenmörders mit der unkonventionellen Gesichtsbehaarung endgültig den Weg in die Literatur. In atmosphärisch dichten Bildern und einem Klangfarbenreichtum, der von der ungarischen Volksmusiktradition inspiriert ist, erzählt Béla Bartók in seiner einzigen, 1918 uraufgeführten Oper die Geschichte von Judith und Blaubart als poetisches Seelendrama, das beiden Protagonisten gerecht wird.